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«Langfristig betrachtet ist der Eigenverbrauch einträglicher und weniger riskant als die Rücklieferung»

Interview
«Langfristig betrachtet ist der Eigenverbrauch einträglicher und weniger riskant als die Rücklieferung»

Interview mit Dr. Urs Martin Springer Co-Founder und CEO bei Blockstrom AG, Bern Referent am Tageskurs Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) des energie-cluster.ch vom 9. Mai 2023 in St. Gallen

Ihr Unternehmen Blockstrom begleitet ZEV-Projekte von der Idee über die Umsetzung bis zur Inbetriebnahme. Erkennen Sie bei der Bildung solcher Zusammenschlüsse bestimmte Trends?

Bei Neubauten gehört der Eigenverbrauch von Solarstrom mittlerweile zum Standard. Neuerdings sehen wir grosses Interesse aus der Industrie an günstigem, lokal produziertem Solarstrom. Und auch bei Bestandesbauten werden immer mehr Solaranlagen installiert, meist im Rahmen einer Sanierung.

Im letzten Jahr sind die Strompreise und auch die Rückliefertarife für Solarstrom deutlich gestiegen. Ist der Eigenverbrauch überhaupt noch relevant?

Ja, das ist er immer noch. Die Rückliefertarife für Solarstrom sind letztes Jahr zwar in der Tat überall angestiegen, mancherorts sogar sehr stark. Es wäre allerdings kurzsichtig, bei Photovoltaikanlagen in Wohnbauten auf den Eigenverbrauch zu verzichten. Denn jede Kilowattstunde vom eigenen Dach ersetzt eine Kilowattstunde aus dem Netz, welche mehr als 20 Rappen kostet. So hoch sind die Rückliefertarife auch zurzeit fast nirgends, und sie werden bald wieder sinken. Langfristig betrachtet ist der Eigenverbrauch nicht nur einträglicher als die Rücklieferung, sondern auch weniger riskant.

Aktuell debattieren National- und Ständerat über den Energie-Mantelerlass. Zeichnen sich für den ZEV Änderungen ab?

Die gesetzlichen Grundlagen des ZEV wurden seit seiner Einführung 2018 laufend optimiert und geschärft, die aktuell zur Debatte stehenden Änderungen sind nur noch gradueller Natur. Wir dürfen konstatieren, dass wir in der Schweiz ein vorteilhaftes und klares Regelwerk für den Eigenverbrauch haben.

Wie ist bei ZEV die Haftungsfrage gelöst? Welche Garantien muss die Energielieferantin abgeben? Kann sie unter Umständen gezwungen werden, ein Notstromaggregat bereitzuhalten?

Das unternehmerische Risiko im ZEV trägt der Hauseigentümer. Er trägt das Preisrisiko und ist dafür verantwortlich, die Mieter jederzeit mit Strom zu versorgen. Es ist jedoch nicht seine Pflicht, Ausfälle der Stromversorgung zu überbrücken, deren Ursachen ausserhalb des Gebäudes liegen. Wenn Mieter auf eine unterbrechungsfreie Stromversorgung angewiesen sind, muss dafür im Einzelfall nach bedarfsgerechten Lösungen gesucht werden.

(Bild: US)