«Zukunftsfähiges Bauen ist mehr als tiefe Graue Emissionen»
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Interview mit Palle Petersen, Architekt ETHZ, Basel/Zürich, Mitglied Verein Countdown 2030 Co-Referent am Symposium «Graue Emissionen im Bausektor».
Wann und warum entstand der Verein Countdown 2030?
Ende 2019 fanden sich rund ein Dutzend Architekt:innen, Planer:innen und dem Bauen zugewandte in Basel zusammen. Uns verband ein enormes Unbehagen angesichts der Klimakrise und der Bedeutung des Bausektors. Mit dem Verein sammeln und bündeln wir das nötige Wissen zur klimaneutralen Erstellung von Bauten, tragen es in Ausstellungen, an Veranstaltungen, in die sozialen Medien – und im nächsten Jahr auch als Gastprofessur in den Masterstudiengang Architektur der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Der Verein löst sich am 31.12.2029 auf.
Der Titel des Referats von Ihnen und Remo Thalmann am 1. Schweizer Symposium «Graue Emissionen im Bausektor» lautet: «Wie bauen wir zukunftsfähige Gebäude?» Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Bilanzierungsposten Graue Emissionen und der Zukunftsfähigkeit, die doch eine Eigenschaft jenseits von Bilanzen ist? Oder anders gefragt: Wie überzeugen Sie das Publikum, dass die beiden Begriffe sehr wohl zusammenhängen?
Zukunftsfähigkeit bedeutet natürlich weit mehr als tiefe Graue Emissionen. Es geht auch um Suffizienz und Biodiversität, um Demontierbarkeit und Anpassbarkeit, im Kern um eine Langlebigkeit, die nicht nur technisch-konstruktiver, sondern auch kultureller Art ist. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise und des Gewichts Grauer Emissionen ist deren Reduktion aber fraglos prioritär. Sie ist so gesehen zwar nötig, aber nicht hinreichend.
Eine Bemerkung noch: Oftmals wird Nachhaltigkeit als reine Verzichtsübung entlang von Verboten, Grenzen und Absenkpfaden diskutiert. Diese Dinge sind nötig, aber wir betrachten den Wandel vor allem als grosse Chance: Neue Typologien können das Portemonnaie schonen und die Gemeinschaft verbessern. Eine Umbaukultur statt Abriss und Neubau erhält nicht nur Ressourcen, sondern auch Identität. Biodiversität und Stadtkühlung bedeuten auch grünere, lebenswertere Freiräume. Neue Konstruktionen und Materialien erlauben Erfindergeist. Passive Energiekonzepte sind interessant und knüpfen an Traditionen an. Und natürlich entsteht bei alledem auch eine neue Ästhetik. Ist das nicht aufregend?
(Bild: www.herzogdemeuron.com)