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«Frage der Effizienz von Wasserstoff hängt weitgehend von saisonalen Speichern ab»

Interview

Interview mit Prof. Dr. Andreas Züttel, Laboratory of Materials for Renewable Energy (LMER) Institute of Chemical Sciences and Engineering (ISIC) Basic Science Faculty (SB), École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) Valais/Wallis und Referent am 2. Power-to-Gas Kongress Schweiz vom 6. September 2022

Herr Prof. Züttel, Sie forschen seit mehr als 30 Jahren im In- und Ausland auf dem Gebiet der Speicherung erneuerbarer Energien, unter anderem mit Wasserstoff. Beherrschen wir H?

Die Energie aus Wasserstoff wird seit Jahrzehnten genutzt; die Saturn-Rakete und der Space Shuttle flogen mit ihr in den Weltraum. Die grosse Herausforderung ist die Speicherung. Weil Wasserstoff bei Raumtemperatur nicht wie Campinggas unter Druck flüssig wird, hat man andere Methoden gefunden, um ihn dicht speichern zu können: Verflüssigung, Drucktanks und Metallhydride, die Wasserstoff absorbieren können. Bei Drucktanks beträgt der Anteil des Wasserstoffs am Gesamtgewicht bis zu 5 Prozent. Metallhydride speichern den Wasserstoff sehr dicht, doppelt so dicht wie flüssiger Wasserstoff, haben aber als Speicher ein grosses Gewicht, der Anteil des Wasserstoffs am Gesamtgewicht ist viel geringer. Bei stationären Anwendungen spielt das nicht so eine grosse Rolle wie bei der Mobilität. Es gibt in der Schweiz die Firma GRZ Technologies SA in Grolley (FR), welche solche Hydridspeicher vertreibt.

Welche Rolle spielt im globalen Kontext die Forschung und Entwicklung in der Schweiz? Halten wir an der Spitze mit? Haben wir ein «Horizon»-Handicap?

Die Schweiz spielt bei der Forschung und Entwicklung schon seit langem eine wichtige Rolle. Vor über hundert Jahren wurden in unserem Land die ersten Elektrolyseure entwickelt und anschliessend die weltweit grössten Elektrolyseure gebaut, die Wasserstoff herstellten. Auch heute tragen wir wesentlich zur Forschung bei. Wir haben zum Beispiel im Jahr 2000 die Untersuchung von Bor-Hydriden für die Wasserstoffspeicherung initiiert, was eine weltweite Forschungstätigkeit ausgelöst hat. Markus Friedli realisierte in den 1980er-Jahren in Zollbrück das erste mit Wasserstoff betriebene Haus. 2004 wurde auf der Kleinen Scheidegg das erste mit Wasserstoff betriebene Pistenfahrzeug präsentiert. 2009 folgte das erste Strassenreinigungsfahrzeug von Christian Bach, von der Empa. Auch das energieautarke Haus in Brütten von Walter Schmid aus dem 2016 speichert saisonal Wasserstoff. Das europäische Forschungsprogramm «Horizon» spielt für uns nur für die Europäischen Projekte eine grosse Rolle. Ein Grossteil der Forschung auf unserem Gebiet erfolgt in Asien: Wir arbeiten mit Korea, Japan und China zusammen.

In Ihrem Vortrag am 2. Power-to-Gas Kongress Schweiz werden Sie Erkenntnisse aus einer aktuellen Studie präsentieren. Worum ging es bei dieser Studie?

Wir untersuchten, welche die technischen Anforderungen und die wirtschaftlichen Konsequenzen sind, wenn man die fossile Energie in der Schweiz mit erneuerbarer Energie substituiert. Wie stark muss man Photovoltaik und Wasserkraft ausbauen? Wieviele Speicher braucht man? Wir haben drei Systeme betrachtet: Elektrifizierung, Wasserstoff und synthetische Kohlenwasserstoffe. Wir haben für jede Variante ausgerechnet, wie gross die Photovoltaik und die Speicher sein müssen und wie teuer die Energie wird. Das wird auch der Inhalt meines Vortrags sein.