«Es bestehen noch einige Vorurteile über Energiemanagementsysteme»
Interview mit Prof. Dr. Olivier Steiger, Professor am Institut für Gebäudetechnik und Energie IGE der Hochschule Luzern und Referent am Tageskurs «Monitoring & Optimierung im Gebäudebestand» vom 3. Juni 2025
An der Hochschule befassen Sie sich primär mit der Forschung. Welchen Bezug haben Sie zur Aktualität beim Energiemanagement in der Praxis?
Zum einen verfügen wir an der Hochschule Luzern über das Forschungslabor GEE Live, in dem alle marktüblichen Energiemanagementsysteme (EMS) installiert sind und unter praxisnahen Bedingungen betrieben werden. Dies ermöglicht uns, die Eigenschaften und Einsatzbereiche der einzelnen Produkte genau zu verstehen. Andererseits zertifizieren wir neu auch Energiemanagementsysteme im Rahmen des Minergie-Moduls Monitoring. Dies ermöglicht uns, mit den Anbietern von Energiemanagementsystemen in Kontakt zu bleiben und deren Bedürfnisse und Angebote im Detail zu verstehen.
Erkennen Sie in der Praxis besondere Schwachstellen? Gibt es ausreichend adäquat ausgebildetes Fachpersonal?
Der vielleicht grösste Schwachpunkt ist, dass noch zu wenig Wissen über Energiemanagementsysteme vorhanden ist und auch einige Vorurteile bestehen. Beispielsweise glauben einige Installateure und auch Gerätehersteller, dass ein EMS die Lebensdauer von Komponenten wie Wärmepumpen verkürzt, da diese unnötig oft ein- und ausgeschaltet werden. Bei richtiger Anwendung des EMS ist dies jedoch nicht der Fall. Zudem ist der Sinn und Zweck von EMS bei vielen Investoren, Bauherren und auch Gebäudetechnikern noch zu wenig bekannt. Dabei wäre gut ausgebildetes Fachpersonal durchaus vorhanden. Es wird aber oft nicht eingesetzt, weil ein EMS von vornherein ausgeschlossen oder schlicht vergessen wird.
Wie sind in der Schweiz die Anwender von Energiemanagementsystemen punkto Sicherheit unterwegs? Wird den potenziellen Sicherheitsrisiken im Internet of Things (IoT) genug Aufmerksamkeit geschenkt?
Vernetzte Systeme wie EMS und das Internet of Things bringen tatsächlich zusätzliche Sicherheitsrisiken mit sich, z. B. durch die oft vorhandene Cloud-Anbindung. Allerdings werden in IoT-Lösungen auch mehr Sicherheitsmechanismen (z. B. Verschlüsselung, Authentifizierung) eingesetzt, als in den etablierten Bussystemen wie Modbus und KNX. Daher kann eine IoT-Lösung und ein EMS im Hinblick auf Cybersicherheit grundsätzlich sicher gestaltet werden. In der Praxis stellen sich jedoch noch einige Fragen: Wie können regelmässige Updates der Steuerungen durchgeführt werden? Wie werden Sicherheitszertifikate und Passwörter verwaltet? Wie werden Netzwerke abgesichert? Hier stehen wir erst am Anfang. Aber das Bewusstsein für Cybersicherheit und auch die verfügbaren Lösungen nehmen rasch zu.